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Übersicht

Über die Tradition des Schnitzens im Ahrntal

Das Ahrntal blieb durch die abgeschiedene geografische Lage lange Zeit ein von äußeren Einflüssen unberührtes Hochtal. Die abgeschiedene Lage, die schlechten Straßenverhältnisse, die damit verbundenen Transport- und Absatzschwierigkeiten der bäuerlichen Produkte und der daraus entstehende Mangel an Bargeld bewirkten, dass die Ahrntaler Bauern gezwungen waren sich weitgehend selbst zu versorgen. Die Landwirtschaft, verbunden mit dem bodenständigen Handwerk, bildeten die Lebensgrundlagen der Bevölkerung.

Die Ahrntaler Bauern waren lange Zeit Selbstversorger. Alle Geräte (Haushalts- wie Arbeitsgeräte) mussten dadurch aus eigener Hand gefertigt werden. Auf jedem Hof befand sich deshalb ein Raum, der mit reichhaltigem Werkzeug ausgestattet war, die „Machkammer“. Bei den Bauern waren vor allem jene Knechte gefragt, die „machen“ konnten, d. h. handwerklich geschickt waren. Aber nicht nur in den Machkammern wurde geschnitzt und gewerkelt. Viele Bauern besaßen auf der Nordseite der Zillertaler Alpen wunderschön gelegene Almgebiete, wo sie den Sommer hindurch ihr Vieh alpten. Es war Aufgabe der Hirten, auf das Weidevieh aufzupassen, dass es sich nicht verstieg oder in fremde Weiden gelang. Da diese Beschäftigung eher langweilig war, versuchten die Hirten mit verschiedenen Spielen und Aktivitäten die Zeit zu überbrücken. Und da ja jeder Hirte ein so genanntes Taschenmesser bei sich trug, bot es sich förmlich an, aus den umliegenden Wurzeln und Holzstöcken verschiedenste Grimassen und Masken zu schnitzen. Die Schnitzereien wurden im Herbst mit dem Vieh ins Tal gebracht und in der Bauernstube aufgehängt. So wurde das Schnitzen bereits seit langer Zeit ausgeübt.

Die Anfänge des gewerblichen Schnitzhandwerks gingen jedoch Hand in Hand mit dem Tourismus. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg konnte der Tourismus langsam aufgebaut werden, jedoch wurden diese Anfänge durch die Zeit des Krieges und des Faschismus unterbrochen. In den 1950er und 60er Jahren beruhigte sich die Lage und Touristen wanderten langsam wieder durch das Ahrntal. Manche Touristen erkannten den Wert der originellen bäuerlichen Schnitzereien und kauften erste Stücke. Einige findige Ahrntaler Bauern erkannten die Chance und begannen die Holzschnitzerei als Nebenverdienst zu entdecken. Der mittlerweile 80jährige „Motzile-Bauer“ Hermann Reichegger soll laut eigenen Aussagen während des Schnitzens einer Teufelsmaske der Teufel persönlich erschienen sein und seither wisse er ganz genau, wie so eine geschnitzte Teufelsmaske auszuschauen hat. In der Tat weisen seine Masken besondere Grimassen auf, was einen Besuch besonders lohnenswert macht. Geschnitzt wurden vor allem Masken mit Hexen- und Teufelsgesichtern und Sonnen. Diese geschnitzte Sonne ziert mittlerweile auch sämtliche Werbeprospekte des Ahrntals und ist sozusagen zum Gütesiegel dieser naturnahen und ursprünglichen Ferienregion geworden.

Das Beispiel machte Schule und so wurde im Jahr 1973 in St. Jakob eine Schnitzschule ins Leben gerufen. Mit 15 einheimischen Schülern wurde die Arbeit aufgenommen. Die Anfänge waren sehr bescheiden. Der einzige Raum der zur Verfügung stand, war das erbaute „Pfarrschulhäusl“, welches erst entrümpelt und mit Hobelbänken, Werkzeug und Zirbelholz ausgestattet werden musste. Aus Mangel an ausgebildeten Schnitzlehrern musste anfangs auf die einheimischen „Künstler“ zurück gegriffen werden. Auch Lehrmittel waren so gut wie kaum vorhanden, so behalf man sich anfangs damit Modelle von Bauern und der Kirche zu leihen. Ab dem zweiten Jahr leitete ein ausgebildeter Bildhauer die Schnitzschule. Im Jahr 1986/87 zog die Schnitzschule in ein neues, schönes Gebäude neben der Volksschule St. Jakob.

Die Ausbildung eines Schnitzers umfasste drei Jahre Vollzeitschule, an der neben den Pflichtfächern die Fächer Freihandzeichnen, Modellieren, Schnitzen, Fachkunde – Holz (mit Tischlerpraxis) und Kunstgeschichte unterrichtet wurden. In der Schnitzschule wurden mehr als 300 Absolventen ausgebildet. Aus ihr sind Restauratoren, Kunsttischler, Maler, Schnitzer, selbständige Bildhauer und auch Künstler hervorgegangen.

Zeugnisse der Schnitztradition sind heute noch die vielen Künstler und Schnitzer, die im Ahrntal leben und ihre Werkstätte hier haben, wie z. B. der Bildhauer Klaus Steger aus Prettau, Schnitzer Klaus Kirchler aus St. Johann oder die Schnitzbetriebe wie z. B. das Südtiroler Kunsthandwerk mit dem dazugehörigen Krippenmuseum „Maranatha“ in Luttach oder die Tiroler Holzschnitzerei in Luttach.


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